Academic Small Talk

In einigen Punkten entspreche ich dem Physikerinnen-Klischee: es stört mich wirklich sehr, wenn Bilder schief hängen und ich hasse Small Talk.

Während man Bilder ziemlich leicht zurecht rücken kann, bleibt der Small Talk eine echte Herausforderung. Drumherum kommt man leider nicht, von der WG-Party über die Familienfeier bis zu den Pausen auf Konferenzen. Irgendwie muss man ja mit den Leuten reden.

Ich vermute, dass genau diese Einstellung von „man muss ja“ mein grundlegendes Problem mit Small Talk ist. Meine Mitbewohnerin sagt zum Thema Small Talk, man müsse einfach nur Interesse an den Menschen haben und zeigen, dann wäre das gar kein Problem.

Nach ein wenig soul-searching bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich durchaus Interesse an anderen Menschen habe und es mir trotzdem schwer fällt mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht liegt das Problem also im zweiten Teil, Interesse zeigen.

Wahrscheinlich liegt der Schlüssel darin irgendwie Spaß am Small Talk zu entwickeln. Dafür habe ich leider keine Tipps. Aber wenn einem Dinge nicht natürlicherweise liegen, muss man eben vorbereitet sein.

In diesem Beitrag geht es um den academic Small Talk, also darum wie man auf Konferenzen Small Talk macht, was man auf „und woran arbeiten Sie?“ antwortet und wie man die Stars auf Konferenzen anspricht.

Und, woran arbeiten Sie?

Was auf WG-Partys „Und, was studierst du?“ ist, ist auf Konferenzen „Und, woran arbeiten Sie?“ (je nach Feld wird man auch gleich geduzt – ich bleibe hier jetzt mal beim Sie).

Diese Frage wird dir auf jeder Konferenz garantiert gestellt, also überlege dir einfach vorher was du darauf antwortest. Es geht hier um eine Variante des Elevator Talks. Bei einem Elevator Talk versucht man seinem Gegenüber in unter einer Minute (sodass man das auf einer Fahrstuhlfahrt erzählen könnte) zu erklären was man macht, was man für Kompetenzen besitzt und, in der Regel, warum der andere einen einstellen sollte. Auf Konferenzen bist du in der Regel nicht so sehr in einem Bewerbungsgespräch aber trotzdem möchte man sich gut verkaufen und auch Interesse für die eigene Forschung wecken.

Deine Antwort sollte also Enthusiasmus für deine Arbeit zeigen, für deinen Gegenüber leicht verständlich sein und Anknüpfungspunkte für ein weiteres Gespräch bieten. Insbesondere der zweite Teil ist schwierig. Wenn du nicht gerade auf einer super-spezifischen Konferenz bist, hat dein Gegenüber vermutlich gar nicht so viel Ahnung von deinem Thema. Am besten du bereitest zwei Antworten vor, eine für direkte Kollegen, die mit derselben Methodik arbeiten oder mit einer anderen Methode an derselben Forschungsfrage und eine für Wissenschaftler aus einem verwandten Feld.

Ich würde explizit erwähnen, dass du an deiner Dissertation arbeitest, das hilft dem Anderen dich einzuschätzen (und vielleicht sucht dein Gesprächspartner bald einen Postdoc?).

Manchmal kommt man auch darüber ins Gespräch wann man zum Beispiel mit seinem Vortrag dran ist, dann kann die Frage auch lauten „Was stellen Sie auf dieser Konferenz vor?“. Falls die Antwort darauf nicht dieselbe ist wie auf „Und, woran arbeiten Sie?“, sollte man auch darauf eine kurze Antwort parat haben. Wichtig: Dein Gegenüber erwarte keinen Teaser sondern einen Abstract. Also liefere die Ergebnisse gleich mit. Sei dabei angemessen vorsichtig. Überleg dir vorher ob es richtiger ist zu sagen „unsere Daten zeigen“ oder „unsere Daten legen nahe“ (our data show vs our data suggest). Wenn ihr eine neue Methode entwickelt habt, sag in welchen Aspekten sie besser ist als die vorherigen aber auch in welchen sie schlechter ist. Realistisch über seine Ergebnisse zu berichten, ist Teil der akademischen Arbeit und tendenziell ist der Ton auf Konferenzen eher bescheiden als angeberisch. Daher sagt man, insbesondere in den Naturwissenschaften, auch „wir haben“ und nicht „ich habe“. Darüber mit welchen Worten man angemessen vorsichtig über seine Ergebnisse berichtet, gibt es auch bei Thesis Whisperer einen tollen Beitrag.

Noch ein Tipp: Manchmal ist die ehrliche Antwort auf „und woran arbeiten Sie?“ irgendwas zwischen verlegenem Stottern und Panikattacke, weil du gerade gar keine Ahnung hast wie du die Dinge an denen du gearbeitet hast jemals zu einer Arbeit zusammenführen sollst oder gerade nichts funktioniert. In dem Fall erzähl einfach das, was du auf dieser Konferenz vorstellst, auch wenn das nur ein Nebenprojekt ist.

Die Stars

Du bist auf einer Konferenz und sitzt im Plenarvortrag, die Begründerin deines wissenschaftlichen Feldes oder der aktuelle shooting Star erzählen und du bist total begeistert. Nach dem Vortrag würdest du gerne noch eine Frage stellen aber im Plenum traust du dich nicht so recht, oder die Zeit reicht nicht. Wie sprichst du diese Menschen jetzt an? Es ist zum Glück ganz einfach. Du gehst hin, sagst „Danke für den spannenden Vortrag.“ und stellst deine Frage. Wissenschaftler lieben es über ihre Forschung zu reden und sie freuen sich, wenn du interessiert bist. Schwierig kann es sein, wenn sich nach dem Vortrag eine Traube um die Vortragende bildet. Aber stell dich einfach dazu und warte ein bisschen. Selbst wenn du nicht dazu kommst deine Frage zu stellen, erfährst du vielleicht andere spannende Dinge.

Man kann die Gelegenheit auch nutzen, sich nebenbei vorzustellen, vielleicht suchst du ja bald einen Job und stehst gerade vor deiner nächsten Chefin. Gerade in der Zeit nach einem Vortrag, muss man das aber echt kurz halten. Sag deinen Namen und in einem Satz woran du arbeitest. Sei dabei aber ruhig spezifisch, der Mensch vor dir ist Experte auf dem Gebiet.

Etwas anders sieht es aus, wenn du keine konkrete Frage hast, sondern einfach mal mit diesen Wissenschaftlern reden willst. Auf einigen Konferenzen gibt es nach den Plenarvorträgen explizite Zeiten an einem bestimmten Ort zu denen gerade Nachwuchswissenschaftlern mit den Stars ins Gespräch kommen können. Dann ist es natürlich völlig legitim dahin zu gehen und einfach mal zu Fragen wie diese Leute denn zum Beispiel zu ihren Jobs gekommen sind.

Wenn es so ein Format nicht gibt, sollte man sich schon darüber bewusst sein, dass diese Wissenschaftler wenig Zeit haben und viele Leute auf dieser Konferenz mit ihnen reden wollen. Wenn du dann also jemanden ansprichst sei besonders aufmerksam, ob die Person versucht aus der Situation rauszukommen oder tatsächlich interessiert ist. Mehr Tipps dazu gibt es auch bei The Chronicle of Higher Education oder bei Thesis Whisperer.

Leider Zum Glück bieten Konferenzen noch weitere Small Talk Gelegenheiten: bei der Pause am Kaffeestand, während man auf den Beginn einer Session wartet oder bei Abendveranstaltungen. Manchmal wechselt man nur ein paar Sätze, man lernt Leute kennen oder trifft sie nach einigen Monaten seit der letzten Konferenz wieder.

Die Konferenz selbst ist ein gutes Small Talk Thema. Man kann über Sessions und Vorträge reden, die einem gut gefallen haben oder auf die man sich besonders freut. Dass es dabei unangebracht und kleinlich ist über irgendjemanden herzuziehen versteht sich sicher von selbst.

Selbst am ersten Tag der Konferenz bieten die Anreise, die Stadt und das Konferenzzentrum Gesprächsstoff. Außerdem kann man darüber reden, wann man denn selbst dran ist und so zu „Und, worum geht es in Ihrem Beitrag?“ kommen und darauf bist du ja sicher vorbereitet!

 

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