Der erste Job nach der Doktorarbeit II

Besonders zum Ende meiner Promotion hin habe ich viel darüber nachgedacht, was ich danach machen möchte. Es fiel mir wahnsinnig schwer zu verstehen welche Möglichkeiten es gibt und wozu ich Lust haben könnte. Inzwischen arbeite ich seit 10 Monaten in einem Job der mir viel Spaß. Die Aspekte, die ich während meiner Doktorarbeit sehr mochte, gibt es weiterhin: viel Abwechslung, selbstständiges Arbeiten und Arbeiten in Team in einem (für mich) guten Verhältnis und die Möglichkeit viel neues zu Lernen. Ich arbeite bei MathWorks, einem amerikanischen Softwareunternehmen, und unterstütze Lehrende und Forschende an Universitäten darin unsere Software gewinnbringend einzusetzen.

Es gibt auf Café cum laude schon einen Artikel zum ersten Job nach der Doktorarbeit von Ulrike, den ihr auch unbedingt lesen solltet. Falls ihr Inspiration zu typischen Jobs für Naturwissenschaftler*inne sucht, lest doch Jobsuche nach der Promotion für Naturwissenschaftler*innen.

Warum nicht Wissenschaft?

Mir ist irgendwann im Lauf meiner Promotion einfach klar geworden, dass die universitäre Wissenschaft nichts für mich ist. Ein paar Gründe dafür sind strukturell: eine Karriere als Wissenschaftlerin ist unsicher, die Bezahlung ist nur so mittel und die Publikationskultur eine Katastrophe.

Dazu wurde mir aber vor allem immer mehr klar, dass mir die Grundlagenforschung wenig Spaß macht. Es liegt in der Natur der Sache, dass Grundlagenforschung sehr, sehr lange dauert. Dass die meisten Projekte und Ideen zu nichts führen, dass man mehr neue Fragen als Antworten findet und mit dem Risiko leben muss das Forschungsgebiet, dem man sein (Berufs)Leben widmet niemals richtig zu verstehen. Ich nehme an, dass manche Menschen genau das reizvoll finden, aber ich gehöre nicht dazu.

Zuletzt gibt es noch ein paar Gründe, die spezifisch für mein Forschungsthema waren. Ich habe in der präklinischen Neurobildgebung promoviert, ein Bereich, in dem man versucht durch Bildgebung besser zu verstehen wie bestimmte Prozesse im Gehirn funktionieren. In dieser Serie habe ich schon mal über Tierversuche geschrieben und auch wenn ich prinzipiell weiterhin der Meinung bin, dass Tierversuche in der Forschung ihren Platz haben, geben sie meinen Schwierigkeiten mit der Grundlagenforschung noch ein anderes Gewicht. Es ist nämlich so, dass auch die meisten Forschungsprojekte mit Tierversuchen zu wenig belastbaren Erkenntnissen führen.

Mein Weg zum ersten Job

Nach meiner Promotion bin ich zunächst nach Detroit in die USA gezogen und habe mich dort auf Stellen beworben. Das hat schlecht funktioniert. Ein Grund dafür war vermutlich, dass ich noch keine Arbeitserlaubnis hatte (aber ein Visum mit dem man sicher eine Arbeitserlaubnis bekommt). Der zweite Grund war die Location. Detroit ist eine Automobilhochburg; aus den gesamten USA ziehen Leute nach Detroit, um in der Automobilbranche Karriere zu machen. Außerhalb dieser Branche gibt es jedoch nicht so viel.

Als mein Mann und ich uns dann entschieden haben zurück nach Deutschland zu gehen, habe ich in ganz Deutschland nach interessanten Stellenausschreibungen gesucht und das macht den Pool gleich wesentlich größer. Wenn man örtlich flexibel ist, ist das auf jeden Fall ein großer Vorteil für die Jobsuche.

Ich persönlich finde die Jobsuche von LinkedIn ziemlich gut, aber ich habe auf allen großen Plattformen geschaut. Außerdem habe ich meine Kontakte und Kontakte meines Doktorvaters in die typischen MR Unternehmen (Bruker, Philips, GE, Siemens) um „informational interviews“ gebeten. Dann habe ich noch mit einigen meiner ehemaligen Kolleginnen und Kommilitonen über deren Berufe und die Wege dahin gesprochen. Es war eines meiner großen Learnings, dass die meisten Leute wirklich sehr gerne bereit sind einem zu helfen und von ihren Erfahrungen zu berichten.

Der Bewerbungsprozess bei MathWorks war ziemlich aufwendig mit vielen Gesprächen und einer Case Study. In dem Moment war es natürlich stressig, aber insgesamt finde ich das ein sehr gutes Zeichen. Durch die vielen Gespräche bekommt man ein gutes Bild vom Unternehmen, dem Team, mit dem man arbeiten wird, und den alltäglichen Aufgaben.

Wie relevant ist meine Promotion?

In gewisser Weise war meine Promotion sehr relevant für meinen Job. Da ich jetzt Forschende darin unterstütze die Software MATLAB effektiver zu nutzen, ist es natürlich sehr hilfreich, dass ich vorher selbst MATLAB für meine Forschung genutzt habe. Ob der Doktortitel an sich in der Zusammenarbeit mit Professorinnen und wissenschaftlichen Mitarbeiten hilfreich ist, kann ich noch nicht so richtig beurteilen. Ich werde jedenfalls nur selten mit Dr. Albers angesprochen oder angeschrieben.

Von meinem Forschungsthema selbst, der MR Bildgebung, bin ich ziemlich weit weg. Ich habe zwar einige Projekte mit Arbeitsgruppen, die MR Bildgebung machen, aber ich selbst bin nicht mehr in dem Bereich aktiv. Das finde ich ein bisschen schade, weil MR Bildgebung wirklich ein cooles Feld ist, aber wie oben beschrieben, in der Forschung wollte ich auch nicht bleiben.

Was ist anders als an der Uni?

Viele kleine und große Dinge sind in meinem jetzigen Job anders als während meiner Promotion. Ein großer Punkt ist das die Arbeit viel strukturierte und meine Aufgaben eindeutiger sind. Ich weiß welche Ziele ich erreichen möchte und in welcher Zeit. Außerdem bin ich nicht für alles zuständig. Während der Promotion ist man häufig für alle wissenschaftlichen, technischen und organisatorische Dinge zuständig. Es wird erwartet, dass man selbst lernt, wie man Paper schreibt, programmiert, Vorträge vorbereitet, Masterstudierende betreut, Konferenzen oder Seminar organisiert oder den Computer repariert. In einem großen Unternehmen gibt es für fast alles Expertinnen, die man befragen kann.

Interessant finde ich, dass ich jetzt von meinen Kunden mehr als Expertin wahrgenommen werde als ich als wissenschaftliche Expertin während meiner Promotion wahrgenommen wurde. Als Doktorandin wird man im Wissenschaftsbetrieb schon noch als Auszubildene gesehen.

Ihr seht, die Zeit nach der Doktorarbeit ist wieder ein ganz neues Abenteuer, für das man aber dank der Promotionserfahrung wesentlich besser gerüstet ist.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *