Geld? Welches Geld? – Finanzen für Doktoranden

Falls es euch noch nicht aufgefallen ist, es ist jetzt Trend sich um seine Finanzen zu kümmern. Es gibt hunderte Blogs, Podcasts und Bücher zu Themen wie investieren, finanzielle Freiheit und passivem Einkommen. Falls ihr euch beim Anblick eures Kontos auch immer wieder fragt: Geld? Welches Geld? Ist es vielleicht an der Zeit sich mit dem Thema auseinanderzusetzten.

Zum einen, weil es wichtig ist seine persönlichen Finanzen im Griff zu haben. Zum anderen, weil man in einer kapitalistischen Gesellschaft vielleicht ein kleines bisschen über das, was man mit Kapital so machen kann, wissen sollte.

Meine Empfehlungen sind der Podcast von Madame Moneypenny und das Buch „Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs“ von Gerd Kommer. Madame Moneypenny heißt im echten Leben Natascha Wegelin und ist im Moment überall. Ihr Podcast ist lehrreich und unterhaltsam. Das Buch von Gerd Kommer zielt natürlich darauf ab sein Geld in ETFs anzulegen aber es bietet auch eine super Einführung in Grundbegriffe der Börse und Geldanlage. Man lernt zum Beispiel was diese ETFs* sind, von denen alle reden, was Risiko an der Börse tatsächlich bedeutet und was der Unterschied zwischen anlegen und spekulieren ist. Das Buch ist recht wissenschaftlich geschrieben, man lernt also eine Menge und hört zu den meisten Thesen Pro- und Kontraargumente. Es erfordert dadurch aber auch etwas mehr Konzentration beim Lesen.

Dieser Beitrag soll euch dabei helfen, einfach mal mit dem Thema anzufangen und erst einmal einen Überblick über eure Finanzen zu gewinnen.

Was verdienen Doktoranden?

Doktoranden, die als wissenschaftliche Mitarbeiter an der Uni angestellt sind, werden nach TV-L E13 bezahlt. Das steht für Tarifvertrag der Länder Entgeltgruppe 13. Es gibt im Internet unzählige Tarifrechner, die dir dein genaues Gehalt ausrechnen je nachdem welche Rentenabzüge du hast und ob du Kirchensteuer zahlst oder nicht. Dabei wird zwischen Ost und West unterschieden; das liegt an den Rentenabzügen und am Weihnachtsgeld, das Grundgehalt ist gleich. In der ersten Stufe, also für Berufsanfänger (im öffentlichen Dienst), entsprach E13 2018 3672,02€ Brutto bei einer 100 % Stelle. Mit einer Teilzeitstelle verdient man entsprechend weniger. In jeder Entgeltgruppe gibt es Stufen. Als Berufsanfänger startet man in Stufe 1, nach dem ersten Jahr kommt man automatisch in Stufe 2 und nach weiteren zwei Jahren in Stufe 3. Mit jeder Stufe verdient man mehr. Die meisten Doktoranden, die angestellt sind, verdienen Netto wohl zwischen 1250 € (1. Stufe, 50 %, Lohnsteuerklasse I, keine Kirchensteuer) und 2000 € (3. Stufe, 75 %, Lohnsteuerklasse I, keine Kirchensteuer). Mit anderen Finanzierungswegen, kann die Situation natürlich ganz anders aussehen.

Dazu kommt, dass 1500€ in Bielefeld viel mehr Geld sind als in München.

Was denkst du über Geld?

Wenn man vernünftig mit seinen Finanzen umgehen möchte und womöglich sogar ohne allzu große Eskalation seine Finanzen mit denen eines Partners zusammenbringen möchte, dann muss man sich diese Frage stellen. Was denke ich eigentlich über Geld? Ist Geld böse? Verdirbt es den Charakter? Ist es wichtig Geld zu haben? Ist Geld nur ein Tauschmittel? Bedeutet es Macht? Oder Freiheit? Belohnt man sich, wenn man sich etwas kauft?

Um sich seinen eigenen Vorstellungen vom Thema Geld zu nähern, lohnt es sich auf seine Eltern zu schauen. Denn in den allermeisten Lebensbereichen steht dein eigenes Verhalten in einem klaren Verhältnis zu dem deiner Eltern. Du machst es vielleicht genauso oder ganz anders aber der Standard ist erst mal das, was man von zu Hause kennt. Um sich davon zu lösen, kann es hilfreich sein sich anzuhören was andere zum Thema Geld und Finanzen denken. Also redet doch ruhig mal mit euren Freunden darüber. Oder auch mit euren Eltern.

Wer trifft die Entscheidungen im Bezug auf deine Finanzen?

Wie in fast allen Lebensbereichen muss man auch hier selbst Entscheidungen treffen, sonst entscheidet halt jemand anders. Dein Bankberater vielleicht, oder dein Vater, oder deine Freunde, die in die neue schicke Cocktailbar wollen oder Bier trinken am Kiosk. Vielleicht denkst du auch, dass du dieses Thema später angehen kannst. Finanzen und Vorsorge und so. Es ist ja noch lange hin bis zu Rente. Das stimmt natürlich, aber gerade jetzt, wenn an deinen Geldentscheidungen noch nicht so viel hängt – weder viel Kapital noch von dir abhängige Partner oder Kinder – ist doch die perfekte Zeit etwas über Finanzen zu lernen. Darüber wofür man Geld ausgeben will und wofür nicht. Was all diese Fachbegriffe bedeuten und wie hoch dein Sicherheitsbedürfnis ist.

Sonst läuft man auch automatisch in die mehr-Geld-höhere-Kosten-Falle.

Mehr Geld, höhere Kosten?

Für die meisten Doktoranden ist die Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter das erste Mal, dass man so richtig Geld verdient. Plötzlich hat man – je nach Eltern und Stelle – vielleicht doppelt so viel Geld zur Verfügung und wisst ihr was? Das gibt man auch ganz schnell aus.

Diesen Effekt nennt man Lifestyle-Inflation und sie hört niemals auf, wenn man sich nicht bewusst dagegen entscheidet. Je mehr Geld man verdient, desto mehr gibt man aus. Plötzlich muss es die größere Wohnung, das schickere Auto, die Designerlampe und das à la carte Sushirestaurant sein. Das ist natürlich auch nicht schlecht. Als Student haben die meisten ja doch sehr wenig Geld und dass man nicht immer in einer Vierer-WG wohnen möchte und statt Spieleabende zu machen lieber Essen oder Cocktails trinken geht ist absolut verständlich. Das Problem entsteht erst, wenn man völlig unbewusst immer mehr Geld ausgibt für Dinge, die man vielleicht gar nicht haben will.

Wenn man also schon lange von der schicken Designerlampe träumt und sie sich jetzt leisten kann, warum nicht? Aber nur nach Bali zu fliegen, weil das plötzlich alle tun, ist vielleicht unnötig. Wenn du bisher gerne mit Youtube Yoga gemacht hast, macht es dann Sinn hundert Euro im Monat für ein Studio auszugeben?

Außerdem muss man bei vielen Anschaffungen beachten, dass sie Folgekosten nach sich ziehen. Die größere Wohnung kostet nicht nur mehr Miete, sie ist auch teurer zu heizen und neue Möbel braucht man auch noch. Das Auto kostet nicht nur den Anschaffungspreis sondern auch Versicherung und Sprit und Reparaturen.

Einen Überblick gewinnen

Falls dich das ganze Finanzthema ziemlich nervös macht und in deinem Keller eine Kiste mit der krakeligen Aufschrift „wichtige Dokumente“ steht, ist es an der Zeit dir einen Überblick über deine finanzielle Situation zu verschaffen. Dafür brauchst du ein Zimmer mit möglichst großer, leerer Bodenfläche und eine große Tasse Kaffee. Ich kann dir Versprechen, dass du dich danach sehr erwachsen und organisiert (auf die gute „i got this shit handled“-Art) fühlen wirst.

  • Erstelle eine Übersicht (Ich würde das mit Excel machen aber Notizbuch, Bleistift und Taschenrechner tun es auch) über deine fixen Einnahmen und Ausgaben. Die Einnahmen sind vermutlich dein Gehalt und vielleicht noch ein Taschengeld von Oma. Ausgaben sind Miete, Versicherungen (Haftplicht, vielleicht Renten-, KFZ-, Auslandskranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherung), Fitnessstudio, Spenden, Zeitungsabos, Handyvertrag, Netflix, Spotify, Gemüsekiste und so weiter.
  • Erstelle eine Übersicht aller Konten, die du besitzt. Schreib dazu bei welcher Bank die sind, wie man daran kommt und wie viel Geld gerade da drauf ist. Schreib ruhig auch dazu, ob das Geld verzinst ist und wie hoch die Dispozinsen sind. Außerdem ist wichtig, welchen Freistellungsbetrag du der Bank genannt hast. Als Single ist dein Freistellungsbetrag (Zinsen, die du bekommen darfst ohne sie versteuern zu müssen) 801€, den kannst du auf verschiedene Banken verteilen. Dafür musst du vielleicht schon eine Weile in deinen Kisten graben. Vielleicht findest du ein altes Sparbuch!
  • Erstelle eine Übersicht deiner Schulden. Wenn du Bafög, Studienkredite oder auch einen Fernseher abbezahlen musst, solltest du das der Haben- Seite deiner Konten gegenüber stellen. Auch hier ist es wichtig die Zinsen und wichtigsten Bedingungen zu notieren.
  • Überprüfe, ob irgendeines dieser Konten oder der Schulden eine Reaktion erfordert. Möchtest du zum Beispiel ein Konto kündigen oder Freistellungsaufträge ändern? Vielleicht ist dir auch aufgefallen, wie unglaublich hoch die Dispozinsen sind und du möchtest in Zukunft besser darauf achten, dein Konto nicht zu überziehen. Wenn du Konsumschulden hast (also der Fernseher, nicht das Bafög), solltest du die so schnell wie möglich abbezahlen.
  • Lass dich nicht ablenken! Du wirst garantiert spannenderer Dinge als Bankbriefe finden. Sowas wie Liebesbriefe vielleicht oder Freundschaftsbücher. Das legst du am Besten alles zur Seite und schaust es dir ein anderes Mal an.
  • Erstelle eine Übersicht all deiner Versicherungen. Du hast ja schon heraus gefunden wie viel du im Monat für Versicherungen ausgibst. Jetzt brauchst du noch eine Liste, die dir zeigt welche Versicherungen du hast, bei welchen Gesellschaften und wie genau die Verträge heißen. Außerdem solltest du die Nummer des Versicherungsscheins aufschreiben. Bei der Gelegenheit kannst du gleich mal suchen wo du die vollständigen Versicherungsunterlagen hast. Wichtig sind der Versicherungsschein, das Produktinformationsblatt und die Versicherungsinformationen. Da steht – insbesondere bei Rentenversicherungen – alles über die Kosten der Versicherung drin (solche Versicherungen haben laufende Kosten, da jemand bei der Versicherungsgesellschaft dein Geld verwaltet und ans Telefon geht und dafür bezahlt werden möchte).
  • Was jetzt noch fehlt ist eine Schätzung deiner variablen Kosten. Also wie viel du für Lebensmittel, Kleidung oder Ausgehen ausgibst. Es hilft ein paar Monate ein spießiges Haushaltsbuch zu führen. Ich mache das mit der App Money Manager (die hat so ein rotes Sparschwein und ist kostenlos). Wenn man so ein Haushaltsbuch ein paar Monate geführt hat, hat man schon ein ganz gutes Gefühl für seine Ausgaben.

Nach dieser harten Arbeit würde ich mir ein Glas Wein einschenken und eine Schachtel Pralinen aufmachen. Du könntest aber auch Pizza bestellen, wenn das mehr dein Ding ist.

*ETF steht für exchange traded funds. Das sind Aktienfonds, die einen Index nachbilden und an der Börse gehandelt werden können. Ein Index ist zum Beispiel der DAX. Der DAX (Deutscher Aktienindex) zeigt die Entwicklung der 30 größten deutschen Unternehmen (z.B. Adidas, VW und Siemens). Ein ETF, der den DAX wiederspiegelt würde z.B. die gleichen Unternehmen zum gleichen Anteil kaufen.

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