The Art of Academic Writing – Auf Englisch Schreiben (1)

Heute beginnen wir mit einer losen Reihe zum Schreiben und Publizieren auf Englisch. Wie schreibe ich gute Texte auf Englisch? Wie überarbeite ich meine eigenen englischen Texte? Und von welchen Gewohnheiten sollte ich mich trennen, wenn ich auf Englisch schreibe? Heute gibt es einige grundlegende „How to’s“ mit auf den Weg, die euch helfen sollen, aus klobigen denglischen Texten elegante englische Texte zu machen.


Fast alle jungen Wissenschaftler sehen sich im Laufe ihrer Promotion mit der Aufgabe konfrontiert, auf Englisch publizieren zu wollen, zu sollen oder zu müssen. In den Naturwissenschaften wird ohnehin fast nur auf Englisch publiziert, da die entsprechenden Journals alle auf Englisch herausgegeben werden. Die Naturwissenschaftler haben begriffen, was auch in fast jeder anderen Disziplin gilt: Wer möchte, das seine Forschung international wahrgenommen wird, muss auf Englisch publizieren. Wer aber nicht selbst regelmäßig auf Englisch liest (oder TV-Serien konsumiert…), für den kann diese Anforderung ziemlich abschreckend wirken. Hat man sich nicht für Geschichte als Studienfach entschieden, weil man nie wieder etwas mit Englisch zu tun haben wollte? Der Geschichtspromovend hat wahrscheinlich schon im Laufe seines Studiums festgestellt, dass man sich so einfach nicht aus der Affäre ziehen kann, wenn im Seminar auf einmal Texte von englischen Forschern zum ersten Weltkrieg gelesen wurden. Nun aber selbst auf Englisch publizieren?!

Als jemand, der sich relativ viel im internationalen Umfeld bewegt, werde ich immer wieder von Freundinnen und Kollegen gebeten, ihre englischen Texte Korrektur zu lesen. Dabei fällt mir immer wieder auf, dass es für Deutsche ganz besonders schwierig ist, gute englische Texte zu schreiben – denn auf einmal stehen alle Regeln Kopf! Was auf Deutsch elegant aussieht, gilt auf Englisch als viel zu pompös. Wir Deutschen lieben das Passiv, auf Englisch ist es verpönt. Wir Deutschen können gar nicht genug Substantive verwenden, auf Englisch sollen wir exakt diese vermeiden, etc. pp. Kurzum: Es ist wirklich gemein, aber für uns Deutsche fängt ein guter englischer Text damit an, ziemlich viele unserer lieb gewonnen Regeln und Gewohnheiten über Bord zu werfen.

Die Literaturwissenschaftlerin Helen Sword hat in ihrem Buch „Stylish Academic Writing“ über hundert Bücher und Artikel zu akademischem Schreiben auf Englisch auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. Sie identifiziert fünf Merkmale guter akademischer Prosa, die in allen Werken übereinstimmend genannt wurden. Ihre Liste bietet eine gute Einführung dafür, was auf Englisch als guter Stil gilt (Sword, 26–27). Laut Sword – und den von ihr untersuchten Style guides – zeichnen sich elegante Texte durch fünf Merkmale aus:

  • Clarity, Coherence, Concision [Klarheit, Einheitlichkeit, Prägnanz]: Guter Stil ist es, klare Sätze zu produzieren, deren Bedeutung sich nach einmaligen Lesen erschließt. Sie sollten die Sache auf den Punkt bringen und in ihrer grammatischen Struktur einheitlich sein.
  • Kurze Sätze oder eine Mischung aus kurzen und etwas längeren Sätzen. Generell gilt es auf Englisch als guter Stil, die Sätze kurz zu halten. Sword erlaubt, auch etwas längere dazwischen zu mixen. Das fällt mir persönlich gut und fällt uns Deutschen leicht. Trotzdem gilt die Grundregel: In der Kürze liegt die Würze!
  • „Plain English“: Fremdwörter – soweit möglich – vermeiden, genauso wie pompöse Prosa! Hier gilt das englische Understatement. Auf Deutsch hat man oft den Eindruck, es gehe Autoren darum, ihre Intelligenz dadurch zu beweisen, dass niemand mehr ihre Sätze versteht. Auf Englisch gilt das Gegenteil als guter Stil! Je einfacher du dich ausdrückt, desto intelligenter bist du.
  • Präzision: Das geht damit einher. Vermeide vage Formulierungen – sag einfach, was du sagen willst. Scheue dich nicht, eine Aussage oder ein Argument zu machen!
  • Aktive Verben: Vermeide Passivkonstruktionen (oder setze sie sehr sparsam ein). Achte darauf, dass dein Text von aktiven Verben lebt.

Um diesen guten Stil für uns regelversessene Deutsche in praktische How-To’s herunterzubrechen, habe ich sechs (einhalb) Regeln für gutes akademisches Schreiben auf Englisch aufgestellt. Diese Regeln sind so gedacht, dass du sie dir abschreiben (oder ausdrucken) und neben deinen Computer hängen kannst. So kannst du sie schon beim Schreiben berücksichtigen. Vor allem aber sollen sie dir helfen, deinen fertigen Text selbst zu überarbeiten.

Halte deine Sätze kurz

Die Grundregel schlechthin. Als Richtwert gilt: Ein Satz sollte zwischen 10 und 15 Wörtern haben. Das ist nicht viel! Als ich anfing, auf Englisch zu schreiben und meine Texte meiner amerikanischen Freundin zur Korrektur gab, bekam ich meistens jeden Satz in der Mitte geteilt zurück. Hier ist es wichtig, sich von seinen deutschen Gewohnheiten zu trennen. Siehe oben: Kurze Sätze sehen auf Englisch nicht dumm aus, lange Sätze schon! (Laut Helen Sword sind ab und zu sind längere Sätze auch okay, die Mischung macht’s. Dann achte aber darauf, dass sie nicht länger als 2, max. 3 Zeilen sind.) Im Zweifel: In der Mitte teilen!

Ein Beispiel aus meiner Dissertation:

Vorher: The Salvadoran military, which despite the nominal power of the Christian Democratic junta, held practical power in El Salvador, terrorized the country’s population with paramilitary groups rounding up village people and killing or kidnapping inhabitants of urban barrios.

Nachher (in der Mitte geteilt): Despite the Christian Democratic junta’s nominal power, the Salvadoran military practically wielded power in El Salvador, terrorizing the country’s population. | The Armed Forces regularly rounded up village people and kidnapped or killed inhabitants of urban barrios.

Vermeide Passiv

Noch etwas, was uns Deutschen besonders schwer fällt. Uns liegt das Passiv im Blut. Wir sind es gewohnt, dass Passiv besonders intelligent klingt. Auf Englisch gilt schon wieder das Gegenteil. Der Grund dafür liegt im Grundsatz „Clarity, Coherence, Concision“.  Passivkonstruktionen verführen uns dazu, uns unklar auszudrücken, denn sie erlauben uns, Aussagen ohne klares Subjekt zu treffen.

Vorher: While Salvadoran military and security forces committed the vast majority of the abuses, seventy thousand campesinos, teachers, union organizers, church workers, and students suspected of sympathizing with the FMNL were murdered at the hands of the death squads.

Nachher: The Salvadoran military and security forces committed the vast majority of the abuses. However, the death squads murdered seventy thousand campesinos, teachers, union organizers, church workers, and students suspected of sympathizing with the FMNL.

Verwende viele Verben und wenige Substantive

Das Deutsche ist eine Sprache, die im Wesentlichen von Substantiven lebt. Englische Sätze dagegen werden von ihren Verben her definiert. Versuche, so oft es geht, Substantive (und Substantivierungen!) durch Verben zu ersetzen. Benutze konkrete, „lebendige“ Verben. Also nicht zu häufig Formen von „be“ oder „have“, aber es müssen auch keine ausgefeilten, seltenen Verben sein. Im Zweifel einfach mal im Synonymwörterbuch (thesaurus.com) nachschauen.

Vorher: These historical ties to the Republican Party stem from the large Cuban exile community and their disenchantment with the Kennedy administration’s handling of the Bay of Pigs invasion.

Nachher: These historical ties to the Republican Party stem from the large Cuban exile community and its disenchantment with how the Kennedy administration handled the Bay of Pigs invasion.

Vermeide Genitivkonstruktionen mit „of“

 Das fällt uns Deutschen besonders schwer, weil wir es gerade in der Umgangssprache gewohnt sind, Genitive mit einer Präposition zu bilden („das Buch von meinem Vater“). Selbst die gewähltere und grammatisch korrekte Formulierung „das Buch meines Vaters“ kann uns im Englischen in die Irre führen. Auf Englisch sagt man schlichtweg „my father’s book“. Klingt banal, ist aber eine häufige Fehlerquelle. Sieh also einfach einmal alle deine Genitive durch, ob sich dort einige „of’s“ verstecken und ersetze sie durch Genitiv-s-Konstruktionen!

Vorher: But instead of being concerned with what helping refugees might cost, Christians should recognize that refugees were created by God, and should follow the example of the Good Samaritan and “[make] room not only in our homes but in our hearts” for the refugees.

Nachher: But instead of being concerned with what helping refugees might cost, Christians should recognize that refugees were created by God, and should follow the Good Samaritan’s example and “[make] room not only in our homes but in our hearts” for the refugees.

Vermeide Präpositionen

Vermeide erst recht Präpositionen am Ende des Satzes.

Auch hier müssen wir uns von unserer lieb gewonnen Gewohnheit trennen, lange Schachtelsätze durch das Verwenden vieler schöner Präpositionen zu konstruieren. Je weniger Präpositionen, desto besser! Schau also deinen Text auf of, by, to,und through durch und entscheide, ob du diese kleinen Störenfriede (die häufig mit einer Substantivierung einhergehen) durch Verben ersetzen kannst.

Und wenn du Präpositionen verwendest: Nie einen Satz mit einer Präposition beenden (machen gerne auch Muttersprachler falsch).

Vorher: Mainstream evangelical publications attempted to establish a counterframe to the wide-spread notion that the Marielitos were criminals whom Fidel Castro had sought to rid himself of.

Nachher: Mainstream evangelical publications attempted to establish a counterframe to the wide-spread notion that the Marielitos were criminals of whom Fidel Castro had sought to rid himself.

Titel müssen groß geschrieben werden

Und zu guter Letzt: Generell werden so gut wie alle Wörter in Titeln groß geschrieben. Laut Regeln sind das das erste und das letzte Wort des Titels sowie Substantive, Pronomen, Adjektive, Verben, Adverben und unterordnende Konjunktionen. Ausnahmen sind Artikel und „to“ im Infinitiv.

Wer es sich einfach machen will, benutzt das großartige Tool capitalizemytitle.com. Einfach Titel (das gilt natürlich auch für Untertitel, Kapiteltitel etc.) in die Maske copy&pasten und in grün kommt es richtig wieder heraus.

Das Ganze in Kürze: Unser Cheat Sheet

Hier das Ganze nochmal als „Cheat Sheet“ zusammengefasst. Versucht mal, damit eure Texte durchzuarbeiten:

  • Kurze Sätze
  • Passiv vermeiden
  • Viele Verben, wenige Substantive
  • Keine Genitive mit “of”
  • Wenige Präpositionen – keine am Ende des Satzes
  • Titel groß schreiben (außer Artikel und Infinitiv-“to”)

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

 

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