Wie lange dauert eigentlich eine Promotion?

Ich bin vor kurzem über folgende interessante Untersuchung der DFG zum Thema der Dauer von Promotionsvorhaben gestolpert – und habe dadurch endlich ein bisschen mehr Frieden mit mir und meiner Promotionsdauer schließen können. Denn im Vergleich gesehen liege ich derzeit nur knapp drei Jahre über der durchschnittlichen Zeit 😉.

Statistisch untersucht wurden sowohl die strukturierten Promotionsprogramme, als auch anderweitig durch die DFG geförderte Promotionen in Forschungsprojekten, etc. (die DFG fördert rund 17% aller Promotionen in Deutschland; 10% in Programmen). Gefragt wurde ganz klassisch: Wie lange dauert eine Promotion im deutschen Wissenschaftssystem? Wird der Doktorgrad in bestimmten Wissenschaftsbereichen und Fächern schneller erreicht als in anderen? Unterscheidet sich die Promotionsdauer nach Geschlecht und Herkunft der Promovierenden, und spielen dabei auch das Umfeld sowie die Förderung oder sonstige Finanzierung der Promotion eine Rolle? Und wie viele Promotionen werden abgeschlossen und wie viele nicht?

Das Ergebnis: Die durchschnittliche Promotionsdauer, welche als die Zeit zwischen dem selbstbestimmten Promotionsbeginn und der mündlichen Promotionsprüfung definiert wurde, betrug etwa 51 Monate und damit gut vier Jahre. Jedoch haben mit mehr als 40% die meisten ihre Promotion innerhalb von dreieinhalb bis viereinhalb Jahren abgeschlossen und davon wiederum gut die Hälfte nach vier bis viereinhalb Jahren. Interessant ist, dass nur lediglich 5% der Promotionen in bis zu drei Jahren abgeschlossen wurden – und wir sprechen hier von Förderungen durch die DFG. Das ist die größte und wichtigste Einrichtung in Deutschland, mit vermeintlich optimalen Promotionsbedingungen, Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten und vermeintlich besonders durchdachten Promotionsprogrammen. Die Stipendienprogramme der großen Förderwerke sind beispielsweise auf nur zwei, bzw. maximal drei Jahre ausgerichtet – die Landesstipendien oder Hochschulstipendien ebenfalls auf zwei Jahre. Aber in Anbetracht dieser Erhebung – sind also die Zeiten überhaupt realistisch? Zeigen die DFG Daten nicht eher, dass wir und/oder Academia von ganz falschen Voraussetzungen ausgehen?

In der Analyse der Untersuchung wird deutlich, dass sogar knapp 27% der Promotionen auch noch nach mehr als fünf Jahren abgeschlossen werden und dass auch noch fast 10% darunter auch nach mehr als sechs Jahren ihr Verfahren erfolgreich abschließen! Und dann gibt es da noch die krassen Fächerunterschiede. Nur ein kurzer Auszug aus den Ergebnissen: In den Geistes- und Sozialwissenschaften und in den Ingenieurswissenschaften dauerten die Promotionen mit 56 und 57 Monaten überdurchschnittlich lange, während Promovierende beispielsweise in den Agrar- und Forstwissenschaften und der Tiermedizin durchschnittlich 43 Monate, in der Informatik, Elektro- und Systemtechnik hingegen 60 Monate brauchten bis zum Abschluss.

Bei diesen Ergebnissen sollte auch beachtet werden, dass es – laut der Untersuchung – auch keinen signifikanten Unterschied macht, wie die einzelnen Promotionen finanziert wurden und auch die Herkunft der Promovierenden wohl keine Rolle gespielt zu haben scheint. Hingegen stellte sich aber explizit das Fach als ausschlaggebend heraus, wenn es um das tatsächliche Beenden der Promotion geht. Während im Fach Chemie sage und schreibe 88% der begonnen Promotionen auch beendet wurden, waren es im Vergleich im Fach Geisteswissenschaften gerade mal 55%. Für den Zeitraum zwischen 2012 und 2020 hat die DFG schließlich ermittelt, dass ca. 79% aller Promovierenden ihre Projekte beendet hatten und somit bei 21% davon ausgegangen werden kann, dass sie es (noch?) nicht geschafft haben. Ein Geschlechterunterschied wurde hierbei nicht festgestellt – weder signifikant bei der Dauer, noch beim Abschluss.

Ich finde, das sind interessante Zahlen. Denn meiner Meinung macht Eines schon einen gewaltigen Unterschied: Das Wissen darum. Ich glaube, dass es einen gewichtigen Unterschied im eigenen Empfinden macht, ob mir dieser statistische Sachverhalt bewusst ist, oder eben nicht. Es ist eine Frage, ob mir als Promovend*in eigentlich wirklich von Anfang an klar ist und ich mich im Prozess des Ganzen daran erinnere, dass (m)eine Promotion (wirklich!) so lange dauert. Dass bedeute dann nämlich auch, dass die Promotion meist auch über eine einzige Finanzierungsart hinaus gedacht werden müsste (denn Projektanstellungen laufen selten sechs Jahre, Stipendien ja eher zwei bis drei, strukturierte Programme sind auf max. vier Jahre ausgelegt). Eine Promotion ist wirklich ein Langzeitprojekt – und es ist gar nicht unbedingt von mir persönlich abhängig, es ist gar nicht meine Schuld, dass es (so) lange dauert, bis ich endlich einreiche und verteidige. Mir war das – ehrlich gesagt – während meiner Arbeit an der Promotion nicht (immer) ganz klar, auf was ich mich da einlasse. Was „lange“ eigentlich genau bedeuten kann. Und auch, wie sich andere Entscheidungen im Leben zeitlich noch auf das Ziel fertig zu promovieren, noch auswirken können (Stichwort: Familiengründung während der Promotion; Referendariat; Jobeinstieg).

Daher gratuliere ich euch und uns allen: Herzlichen Glückwunsch an euch alle, die abgeschlossen haben – egal wann – und all jenen die noch dran arbeiten und ein (paar) Jahre vor sich haben! Es ist toll, dass ihr und wir so ein Durchhaltevermögen haben und dass wir uns nicht abschrecken lassen von den langen Zeiten, den Frustrationen und dem fehlenden Spaß am Ende 😊 Denn letztlich ist es also statistisch gesehen dann doch so, wie es sich auch subjektiv anfühlt: Eine Promotion dauert halt – richtig lange. Sie ist (Achtung Phrasenschwein!) eben kein Sprint, sondern ein Marathon. Dafür braucht es Ausdauer, Training, Frustrationstoleranz, aber auch Spaß, Meilensteine und irgendwann mal einen Zieleinlauf – ich laufe hoffentlich noch in diesem Jahr direkt darauf zu. Drückt mir gerne für die letzten Meter die Daumen!

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