Welche Zeitmanagement-Apps brauche ich für meine Promotion?

Ein Erfahrungsbericht und eine Ode an todoist.

Konzentriertes Arbeiten ist eine Kunst – und, wie letzte Woche festgestellt, eine lukrative! Um die Kunst zu meistern bietet das Internet mehr Apps als du je ausprobieren kannst. Also machen es dir einfach und rezensieren die beste.

Todoist – Eine Online To-Do-Liste

Als wenig begabte Zeitmanagerin habe ich im Laufe meiner Promotion eine Menge Zeitmanagement-Tools ausprobiert. Die meisten sehen schick aus und haben lauter Funktionen, je länger du guckst, desto mehr findest du. Mein Interesse ist meistens groß genug um die App runterzuladen und auszuprobieren. Aber nach spätestens einer Stunde rumspielen habe ich in der Regel keine Lust mehr und fange an zu arbeiten.

Die einzige App, die ich, seitdem ich sie runtergeladen habe, konsequent nutze ist Todoist. Todoist ist einfach. Unglaublich einfach. Todoist ist eine online To-Do-Liste, in der du Dinge notierst und sie abhakst. Todoist ist so intuitiv, dass es eigentlich weder eine Erklärung noch ein Blogpost braucht. Und das beste: todoist ist kostenlos! (Zumindest die Basic-Version und die kann alles, was eine Online-To-Do-Liste können muss). Hier ist ein eineinhalbminütiges Promo-Video.

Und so geht‘s: Du machst dir ein Konto und schreibst jede Aufgabe in ein “add task” Feld. Wenn du sie erledigt hast, hakst du sie ab und sie verschwindet aus deiner To-Do-Liste. Wenn dir danach ist, kannst du

  • Kategorien erstellen und deine Aufgaben einer Kategorie zuordnen (z.B. Projekt X, Projekt Y, zu Hause, Einkaufsliste).
  • Notieren, wann du die Aufgabe erledigen willst (heute, morgen, Mittwoch in 3 Wochen).
  • Wie wichtig sie ist (Priorität 1, 2, 3 oder 4). 

Todoist übernimmt sozusagen dein Gedächtnis. Anstatt zehntausend Sachen im Kopf zu haben (Studi e-mailen, Bib gehen, Buch besorgen, Kapitel schreiben, Kaffee kaufen, Flug buchen, Bahncard kündigen, Handykabel nicht vergessen) schreibst du sie auf. Du brauchst keine Angst mehr zu haben sie zu vergessen – denn todoist erinnert dich dran! Und somit hast du den Kopf frei um konzentriert zu arbeiten. 

Den genialen Tipp, eine einzige To-Do-Liste zu führen und das online bekam ich durch einen Vortrag zum Thema – Getting Things Done – im Rahmen eines Professional Development Seminars an meiner Uni. Die Methode stammt von David Allen, in den USA anscheinend sehr bekannt. Allens Rezept ist nicht bahnbrechend, aber effektiv: Man schreibe alle seine Aufgaben in eine lange Liste, ordne sie, halte sie irgendwo fest, und arbeite sie ab.

Wenn eine Aufgabe, die einem einfällt, weniger als 2 Minuten brauchst erledige man sie sofort, wenn nicht schreibe man sie auf die Liste. Große Ziele teile man in viele kleine Schritte ein, so dass man schön sehe, wie man zu dem großen Ziel gelange. Ich kam das erste Mal auf um die 50 Dinge, die in meinem Kopf herumschwirrten und die ich in todoist gesammelt habe. Inzwischen schreibe ich Aufgaben in meine Online To-Do-Liste sobald sie mir einfallen. 

Schritt 1: Erstelle dein Konto.

Geh auf Todoist und meld dich an.

Schritt 2: Schreibe deine Liste.

Sobald du in todoist eingeloggt bist kannst du unter ‚Inbox‘ und ‚+ Add task‘ so viele Aufgaben hinzufügen, wie dir einfallen. Hier machst du entweder Schluss oder weiter. Falls weiter empfehle ich 3 Dinge: Kategorien, Deadlines, und Prioritäten. 

Was? – Erstelle Kategorien.

Wenn deine To-Do-Liste länger ist als du mit zwei Händen abzählen kannst empfiehlt es sich, Kategorien zu erstellen – zum Beispiel Projekte, an denen du arbeitest, Kurse, die du unterrichtest, usw.  

Das geht in der linken Leiste unter ‚+ Add project‘. Sobald du Kategorien erstellt hast, kannst du entweder direkt auf die Kategorie klicken und innerhalb der Kategorie Aufgaben erstellen – oder du bleibst in deiner Inbox und schreibst die Kategorie direkt hinter deine Aufgabe: ‚Blogpost schreiben #Random‘ hat meine Aufgabe für heute Nachmittag direkt in die Kategorie ‚Random‘ eingeordnet. 

Wann? – Plane voraus.

Damit Dinge wie „Abstract für Konferenz abschicken“ nicht unter Dingen wie „Milch kaufen“ verloren gehen helfen Termine. Überleg dir, wann du etwas erledigen willst und schreib das Datum gleich mit zu der Aufgabe, so dass sie an dem jeweiligen Tag in deiner Inbox erscheint. Zum Beispiel: ‚Blogpost schreiben #Random today‘. Für deadlines braucht todoist noch nicht mal ein #. Einfach lostippen: today, Monday, Tuesday, 30 October… todoist erkennt erschreckend schnell, was du sagen willst.

Zweite Möglichkeit: Tippe einfach nur deine Aufgabe ein (‚Blogpost schreiben‘), gehe auf die Aufgabe und klick auf die drei kleinen Punkte die rechts erscheinen. Dann unter ‚Schedule‘ auswählen wann du die Aufgabe erledigen willst. 

Wie wichtig? – Priorisiere.

Um eine Aufgabe zur höchsten Priorität (Priority 1, rot) zu befördern gehst du wieder auf die Aufgabe, klickst auf die rechts erscheinenden drei kleinen Punkte, und wählst unter ‚Priority‘ die erste aus. 

Das Kategorisieren sollte nicht abschrecken: Du kannst todoist auch einfach nur als ungeordnete List nutzen. Mein todoist-Organisationsgrad ist stimmungsabhängig; wenn ich im Modus organisiert bin (nicht besonders häufig) gebe ich fast jeder Aufgabe ein Datum, ansonsten schreibe ich alles einfach direkt in die richtige Kategorie, gebe kein Datum sondern markiere nur die wirklich wichtigen Sachen in rot. 

Wie produktiv du so warst siehst du übrigens an deinen Karma-Punkten in der Leiste oben rechts – für jeden Tag der Woche kannst du dir angucken wie viele Sachen du abgehakt hast.

Premium?

Wenn du die Premiumversion hast (USD 3/Monat) kannst du noch lauter andere Sachen machen, z.B.

  • Emails aus Gmail direkt in deine To-Do-Liste schicken
  • Notizen oder andere Dokumente zu einer Aufgabe hochladen
  • Dir Erinnerungen schicken, sehen, was genau du wann abgehakt hast.

Leute, die Premium haben schwören drauf. Mir ist das eher too much. 

Evernote – Ein Online-Leitz-Ordner

Eine weiter App, die ich in hin und wieder benutze, ist evernote. Evernote ist die Antwort auf die Frage, ob du einen Artikel oder Blogpost, den du unbedingt lesen willst, jetzt lesen musst: Anstatt ihn jetzt zu lesen, speicherst du die gesamte Seite und liest ihn wann immer es dir passt.

Warum nicht einfach bookmarken? Geht auch, aber wenn dein PhD länger als ein Semester dauert wird deine Lesezeichenliste ziemlich schnell ziemlich übersichtlich. Außerdem kannst du den Text in Evernote formatieren und kommentieren. Wenn du die Offline-Version runterlädst, die sich automatisch synchronisiert wenn du einen neuen Artikel hinzufügst, kannst du also Blogartikel wie diesen hier speichern und irgendwann mal im Zug lesen.  

So geht’s: Du meldest dich bei evernote an (kostenlos) und installierst den Webclipper. Wann immer du einen super interessanten Artikel siehst, den du speichern möchtest, klickst du auf den Webclipper. Er sieht aus wie ein Elefant und befindet sich in Safari gleich links neben der Webadresse:

Du überlegst, ob du den vollständigen Artikel (mit Werbung und allen Fotos) oder den “Simplified article” speichern möchtest. Der vollständige enthält sämtliche Fotos, Werbung, Kommentare — alles, was auf der Seite zu speichern ist. Der simplified article ist eher so dänisches Design — Text und nur die Fotos, die innerhalb des Textes erscheinen.

Ähnlich wie in todoist kannst du in Evernote Kategorien erstellen – zum Beispiel für jedes Projetkt, an dem du arbeitest. Ich habe in meiner anfänglichen Begeisterung die gleichen Kategorien für evernote und todoist benutzt – aber da ich evernote eher für nicht-PhD-Sachen wie Koch- und Backrezepte benutze habe ich inzwischen nur noch einen PhD Ordner, in dem ich alles speichere, was im enferntesten Sinn mit meinem Doktor zu tun hat. Wie zum Beispiel die besten Tipps und Tricks für Postdocbewerbungen!

Wenn du dann den Artikel lesen möchtest, gehst du auf evernote und liest ihn. Manchmal formatiere ich ein bisschen (in dem Artikel hier erschien z.B. die Überschrift doppelt), oder schreibe Notizen dazu — ich benutze es sozusagen als Wordersatz.

Und: Wenn du in regelmäßig ICE fährst und diesen Post liest bevor Deutschland seinen Netzausbau in den Griff bekommt nutze die Offline-App! Damit kannst du ohne wifi alle Artikel, die du gespeichert hast, auch in exotischen Orten wie zwischen Berlin und Hamm Westfalen lesen.

Letzte App, die du für deine Promotion gebrauchen könntest:

Pomodoro – Ein Online-Wecker

Pomodoro ist ein moderner Wecker. Man stellt ihn auf 25 Minuten (oder mehr oder weniger), und arbeitet, bis er klingelt. Wenn man die originale Pomodoro Technik befolgt macht man nach 25 Minuten eine 5-minütige Pause, und nach 4 Pomodori einen längere, 15-20 minütige Pause.  Da ich seit Schulzeiten eine Aversion gegen Wecker jeder Art hege, und auch nicht besonders gerne gesagt bekomme, wie lange meine Pausen dauern sollten, bin ich wohl das falsche Publikum. Aber da ich um mich herum überall Tomaten sehe muss es helfen.

Ich benutze und empfehle die Online-version für Aufgaben, zu denen ich absolut keinen Bock habe – zum Beispiel Tests/Klausuren benoten. Wenn ich vor einem Stapel von 80 Tests sitze, erst 20 korrigiert habe und zum zehnten Mal den gleichen Fehler korrigiere stellt sich die Frage: Kampf oder Flucht? Mein Instinkt ist Flucht. Und der online tomato timer ist das einzige, was mich dazu bringt, wenigstens 25 Minuten daran zu arbeiten.

Egal, welche nervige Aufgabe du vor dir hast: 25 Minuten geht immer. (Kannst ihn auch auf 15 Minuten runterschrauben wenn dir das besser passt.) Für den tomato timer brauchst du noch nicht einmal ein Benutzerkonto. Gehe auf diese Seite und klicke Start. Nach 25 Minuten kommt ein pop-up und sagt Pause. Dann siehst du:

  • Dass es läuft und bist motiviert, weiter zu machen, so dass der Stapel kleiner wird.
  • Dass es läuft und du trotzdem absolut keine Lust mehr hast — dann machst du morgen weiter.
  • Dass es absolut nicht läuft, du 25 Minuten deines Lebens vergeudet hast, und nicht einen Schritt weitergekommen bist. In dem Fall kannst du dir die Zeit auch sparen und, in dem guten Gewissen, es wenigstens probiert zu haben, netflix gucken. 

… Was sind deine Erfahrungen mit Zeitmanagement-Apps? Haben wir welche übersehen?

5 thoughts on “Welche Zeitmanagement-Apps brauche ich für meine Promotion?”

  1. Hm, dann lieber doch die Notizen-Apps von Google oder Apple. Die können auch to-do-Listen, sind gratis und die gibts wahrscheinlich länger als irgendwelche kleinen Anbieter.
    Und populär genug, dass jemand eine Export-Tool schreibt, sollten sie doch mal eingestellt werden.
    Exotische Nischenanbieter sind immer riskant, plötzlich sind alle Daten samt mühsamer Struktur futsch.

    Am besten ist natürlich ein self-hosted Lösung, aber das erfordert natürlich mehr Wissen.

    1. Klar, Notizen-Apps sind auch super. Der Vorteil von todoist ist, dass du die Aufgaben leichter sortieren kannst, ihnen Termine zufügen kannst und sie innerhalb von einem Klick abhaken kannst. Aber gerade für kürzere Listen reicht die Google/Apple Version vollkommen. Und in Hinsicht auf Langlebigkeit und Datensicherheit und so sind Notizbücher wahrscheinlich immer noch am sichersten. Aber so akut mache ich mir darüber jetzt nicht Sorgen — todoist hat 5 Millionen Nutzer, also ich gehe nicht davon aus, dass die über Nacht von der Bildfläche verschwinden werden!

  2. Ein weiterer Gedanke aus “Getting things done”: dem Task auch einen Zeitraum zuordnen, das heißt: Morgen zwischen 10 und 10:30 mache ich nur Task X. Beim Blick auf den Kalender fällt einem dann auf, dass man eigentlich schon knallvoll mit Dingen ist, die man “eigentlich” erledigen müsste. Gibt’s dafür ne App?

    1. Eine App um allen sonstigen Kram zu organisieren, den man eigentlich machen müsste? Mhhh. Ich habe noch keine gefunden — ich benutze für so etwas tatsächlich auch todoist. Ich habe angefangen, eine Kategorie für ‘Sonstiges’ zu führen, mit Unterkategorien für Orgakram, Einkaufsliste, Bücher, die irgendwann mal lesen will etc. Zu dringenden Sachen (z.B. Formulare ausfüllen und so) schreibe ich einen Termin dazu. Mir passt das ganz gut, weil todoist mir dann die Arbeit abnimmt, mich daran zu erinnern, so dass ich mich auf Task X konzentrieren kann. (Wenn du die Premiumversion hast kannst du dir auch Erinnerungen schicken lassen, z.B. nachmittags um 15 Uhr oder wann auch immer du das Zeug dann wirklich erledigen willst).

      Aber das ist natürlich alles kein Allheilmittel… irgendwann muss es halt doch gemacht werden. Und ich finde es manchmal auch leichter, einfach an einem Tag so viel Orgakram wie möglich abzuarbeiten, statt zu überlegen was ich wann mache. (Das ist glaub auch ein “Getting things done”-Tipp: Wenn die Aufgaben weniger als 2min brauchen, erledige sie sofort, statt sie auf die Liste zu schreiben.) Und machmal kommen auch Sachen dazwischen, die selbst den schönsten Zeitmanagementplan kaputt machen, weil sie einfach sofort erledigt werden müssen. Aber das Ziel ist es, Sachen, die man “eigentlich” machen müsste, die aber vielleicht nicht so sehr wichtig sind, auf andere Tage oder andere Tageszeiten zu verschieben (z.B. nachmittags), so dass sie dich nicht von Task X abbringen — also es irgendwie zu schaffen, die wachste und produktivste Zeit (also für die meisten wahrscheinlich vormittags) für Dinge rauszuschaufeln, die wirklich wichtig sind, aber nicht unbedingt eine Deadline haben… Also so das meiste was Doktoranden so an Forschungsarbeit machen!

      Aber.. fallst du so eine App entdecken solltest, sag Bescheid!

      1. Es gibt die App Reclaim.ai, die automatisch den Kalender mit den Aufgaben füllt, dabei kann man selbst priorisieren und viel anpassen. Ich nutze das zusammen mit Asana, die Kombi funktioniert am besten. Asana, um den Überblick über die Projekte zu behalten und Reclaim, um die Aufgaben zu planen.

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