Zitieren in der Doktorarbeit: Plagiate, Urheberrechtsverletzung und das gefürchtete Bildzitat

Dieses Bild dient nur der Illustration aber keine Sorge, ich habe die Lizenz überprüft. Es ist frei verwendbar 🙂

Der Plagiatsvorwurf ist wohl der größte Alptraum aller Wissenschaftler*innen. Und das zu Recht. Die wissenschaftliche Arbeit einer anderen Person als die eigene auszugeben ist nicht in Ordnung. Soweit klingt es einfach: wenn ich Ideen/ Erkenntnisse/ Daten Anderer nutze, muss ich das zitieren. Aber wenn man in einem Fach promoviert, in dem man bisher noch nicht so viel Erfahrung mit dem wissenschaftlichen Schreiben sammeln konnte, stellt man sich spätestens bei der Dissertation eine Menge Fragen. Was muss ich alles zitieren und wie soll ich zitieren? Was für Bilder darf ich in meiner Doktorarbeit benutzen? Muss man Software eigentlich zitieren?

Dann liest man alle paar Jahre noch von einem Politiker, dem der Doktortitel entzogen wurde, weil er nicht richtig zitiert hat. Hier erst mal die gute Nachricht: Niemandem wird der Doktortitel entzogen weil etwas nicht richtig zitiert ist oder ein paar Zitate fehlen. In solchen Arbeiten wurde entweder bewusst betrogen oder richtig schlampig gearbeitet. Versteht mich nicht falsch; es ist wichtig gründlich und ordentlich zu zitieren, aber es gibt keinen Grund in Panik zu geraten.

In diesem Artikel versuche ich ein paar Fragen, die ich selbst hatte oder die andere mir schon gestellt haben, zu beantworten. Die Regeln des Zitierens gelten natürlich für alle Fächer aber wie man Software oder Abbildungen zitiert sind eher Fragen, die sich in experimentellen und empirischen Doktorarbeiten stellen.

Grundsätze des Zitierens

Es gibt einige Grundsätze des Zitierens, an die man sich halten sollte. Laut der Unibib Münster sind das:

•            Überprüfbarkeit

•            Einheitlichkeit

•            Genauigkeit

•            Aus erster Hand zitieren

•            Zweckmäßig zitieren

Was muss man alles zitieren?

Grundsätzlich müssen jeder Gedanke, jede Einsicht und jeder Datensatz, der nicht der eigenen Arbeit entstammt zitiert werden. Das gilt jedoch nicht für Allgemeinwissen oder Grundlagenwissen des Fachbereichs. Was genau Grundlagenwissen ist, ist natürlich schwammig. Eine Faustregel ist, dass alles was in Lehrbüchern steht nicht zitiert werden muss. Wenn du als Biologin in deiner Arbeit den Aufbau eines Neurons beschreibst brauchst du nicht Camillo Golgi und Santiago Ramón y Cajal zu zitieren. Die zweite Faustregel ist lieber zu viel als zu wenig zu zitieren. Allerdings sind Lehrbücher nicht zitierfähig. In einer wissenschaftlichen Arbeit sollte man Primärliteratur zitieren, dass heißt man muss sich die Arbeit machen, die Originalarbeiten zu finden, in denen der entsprechende Gedanke zuerst aufgetaucht ist. Puh, ganz schön kompliziert. Ich habe es so gehandhabt: wenn das Lehrbuch die Erkenntnis nicht zitiert (wie z.B. „Die Zellmembran ist eine Doppellipidschicht.“), dann kann ich davon ausgehen, dass das Grundlagenwissen ist und zitiere es auch nicht. Wenn das Lehrbuch die Erkenntnis jedoch zitiert, dann zitiere ich auch und habe ja auch direkt das passende Zitat.

Wenn du es perfekt machen willst würdest du das entsprechende Paper dann erst lesen und nur wenn du dich davon überzeigt hast, dass die Aussage tatsächlich darin belegt wird, dieses Paper als Quelle benutzen. Aber done is better than perfect. Ich habe in solchen Fällen das Paper mit der automatischen Suchfunktion nach dem entsprechenden Schlagwort durchsucht und so überprüft ob die relevante Information drinsteckt.

Fachbücher sind eine Grauzone, in vielen Fächern (insbesondere Medizin) darf man diese zitieren. Natürlich ist es nicht ganz einfach ein Fachbuch von einem Lehrbuch zu unterscheiden – frage im Zweifelsfall deine Betreuerin/ deinen Betreuer.

Die relevanten Grundsätze sind hier: aus erste Hand zitieren und zweckmäßig zitieren.                                                                                                                                       

Darf ich alles verwenden, wenn ich es zitiere?

Nein. Das Urhebergesetz sagt, dass die „öffentliche Weitergabe eines Veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats“ nur dann okay ist, wenn dies durch einen relevanten Grund gerechtfertigt ist. Einer der relevanten Gründe ist Zitate in ein eigenes wissenschaftliches Werk zur Erläuterung des Inhaltes aufzunehmen. Das heißt du darfst nicht seitenweise Text aus Harry Potter in deiner Diss übernehmen, selbst wenn du es zitierst. Ein paar Sätze aus Harry Potter sind aber vermutlich okay.

Relevanter ist vermutlich der Fall von Bildern und Grafiken, die darf man auch nicht einfach immer kopieren, nur weil man sie zitiert. Siehe unten.

Was ist der Unterschied zwischen Plagiat und Urheberrechtsverletzung?

Nicht jedes Plagiat ist eine Urheberrechtsverletzung und nicht jede Urheberrechtsverletzung ist ein Plagiat. Ein Plagiat liegt nur vor, wenn man fremde Texte als eigene ausgibt. Wenn man nun zum Beispiel die Werke von Karl May als die eigenen ausgibt ist das ein Plagiat aber keine Urheberrechtsverletzung, da das Urheberrecht bereits abgelaufen ist.

Eine Urheberrechtsverletzung liegt vor, wenn man gegen das Urheberrecht verstößt also ein urheberrechtlich geschütztes Werk plagiiert oder ohne triftigen Grund zitiert wie im Harry Potter Beispiel oben.

Auch das Übernehmen von Grafiken, die man zitiert, kann eine Urheberrechtsverletzung sein aber kein Plagiat.

Muss ich meine eigenen Texte auch zitieren?

Ja. Wenn du vor der Diss schon Paper veröffentlicht hast und dich darauf beziehst, dann muss das ganz normal zitiert werden.

Was für Bilder darf ich in meiner Dissertation nutzen? Darf ich meine eigenen Bilder aus anderen Publikationen nutzen?

Bildzitate sind leider ein komplexes Thema. Abbildungen und Grafiken sind ebenso wie Text durch das Urheberrecht geschützt. Auch sie dürfen nur zitiert werden, wenn sie der Erläuterung des Inhalts in einem eigenständigen wissenschaftlichen Werk dienen. Man muss sich also mit dem Inhalt der Abbildung auseinandersetzen und darf sie nicht nur zur Illustration nutzen. Dann müssen sie ebenso wie Text zitiert werden und dürfen nicht verändert werden. Beziehungsweise nur so verändert werden, dass sie in die eigene Arbeit passen. Man darf z.B. die Größe verändern oder die Grafik schwarz-weiß darstellen.

Nun möchte man häufig Abbildungen nicht als Bildzitat sondern nur zur Illustration einsetzen. Also dort wo man den Aufbau eines Neurons beschreit auch eine Abbildung des Neurons zeigen. Das ist vermutlich kein ausreichender Zitiergrund (weitere Erläuterungen zu Bildzitaten gibt es z.B. bei der Uni Ulm, der TU Wien). Was also tun?

  • Nutze deine eigenen Bilder. Soweit ich weiß erlauben alle Journale die Nutzung deiner eigenen Bilder, also Bilder aus Publikationen bei denen du (Co)Autor bist, für deine Dissertation. Wenn die Publikation aus der du das Bild nutzen möchtest Open Access veröffentlicht ist, ist es gar kein Problem, die sind unter einer Creative-Commons Lizenz veröffentlicht. Wenn sie das nicht ist, musst du beim Verlag die Erlaubnis beantragen das Bild zu nutzen. Das geht automatisch und kostenlos. Du rufst dafür die veröffentlichte Publikation auf und suchst den Button „Get rights“ oder „Rights and Permissions“ (oder so ähnlich) – der ist fast immer versteckt. Bei Elsevier findet man ihn z.B. direkt unter den Autoren, da wo die URL steht. Da klickst du drauf und wirst dann zum entsprechenden Formular (RightsLink) geleitet.

  • Erstelle selbst Bilder. Mit ein bisschen Übung kann man mit Programmen wie Adobe Illustrator tolle Abbildungen machen. Und unter uns: in meiner Diss finden sich auch Abbildungen, die ich mit PowerPoint erstellt habe.

  • Nutze Abbildungen unter einer Creative-Commons Lizenz. Es gibt verschiedene Varianten dieser Lizenz und welche verwendet ist, muss am Bild irgendwo angegeben sein. Die Kürzel bedeuten folgendes:
    • CC – Creative Commons, diesen Teil enthält jede Creative commons Lizenz
    • BY – Namensnennung, der Name des Urhebers muss genannt werden bei Verwendung der Grafik.
    • NC (non-commercial) – Das Werk darf nicht für kommerzielle zwecke genutzt werden. Kein Problem für Doktorand*innen.
    • ND (no derivatives) – keine Bearbeitung, das ist sehr selten
    • SA (share alike) – Weitergabe unter gleichen Bedingungen. Das heißt das Werk muss nach derselben Lizenz weitergegeben werden. Das ist manchmal ein Problem, wenn du deiner Diss bei einem Verlag veröffentlichst.

Im Idealfall versuche Grafiken mit einer CC-BY-NC Lizenz zu finden. Das trifft auf viele Abbildungen bei Wikipedia zu. Man kann solche Bilder auch bei Google suchen. Dafür klickt man bei der Bildersuche auf Suchfilter, dann Nutzungsrechte und wählt CC Lizenzen aus.

Wenn du Bilder aus einem Paper nutzen möchtest, auf dem du nicht Autor bist, musst du die Nutzungsrechte vom Verlag (Elsevier, Wiley,…) einholen, nicht von den Autoren. Es ist natürlich nett die Autoren, um Erlaubnis zu bitten aber die Rechte liegen bei wissenschaftlichen Publikationen in der Regel beim Verlag und nicht bei den Autoren. Das funktioniert dann genauso wie oben beschrieben bei deinen eigenen Papern und es kostet in der Regel auch nichts.

Mach dich bei diesem Thema aber nicht verrückt. Solange du die Abbildung zitierst ist es kein Plagiat und Wiley wird dich sicher nicht verklagen, weil du eine Abbildung in einem Fall genutzt hast in dem nicht ganz klar ist ob der Zitierzweck erfüllt ist.

Muss man Software zitieren?

Ja. Aber auch hier wird es ein bisschen komplizierte. Standardsoftware wie Word muss man nicht zitieren, freie Spezialsoftware schon. Freie Programme oder Toolboxen für wissenschaftliche Zwecke werden oft von Wissenschaftler*innen programmiert und auch in Papern vorgestellt. Dann zitiert man das entsprechende Paper. Auf der Website der Software findet man eigentlich immer einen Hinweis dazu wie man sie zitieren sollte. Kommerzielle Software muss nicht zitiert werden aber sollte eindeutig benannt werden, sodass andere deine Arbeit reproduzieren können. Dafür gibt man einfach den korrekten und vollständigen Namen, den Hersteller sowie die Version der Software an.

Darf ich Reviews zitieren?

Der relevante Grundsatz hier ist, dass man möglichst aus erster Hand zitieren sollte. Wenn ein Review also Erkenntnisse aus anderen Arbeiten wiedergibt sollte man die Originalarbeit zitieren, wenn das Review daraus neue Schlüsse zieht ist das jedoch eine neue Leistung und man kann das Review zitieren. Oft machen Reviews beides: sie fassen bestehende Ergebnisse zusammen aber ziehen daraus auch neue Schlüsse. Dann zitiere einfach beides. Auch hier die Faustregel: lieber zu viel zitieren.

Wie soll ich zitieren?

Um diese Frage machen sich viele Doktoranden viel zu viele Gedanken. Du solltest gründlich und einheitlich zitieren aber ob du nach dem Harvard-Stil oder der APA Stil zitierst ist völlig egal. Frag einfach deine Professorin was sie bevorzugt. Eventuell gibt es auch eine Vorgabe deines Fachbereichs oder du passt dich schon mal dem Verlag an, bei dem du veröffentlichen möchtest. Es ist aber garantiert kein Plagiat nur weil du nicht nach Chicago-Stil zitiert hast.

Nutzt man in naturwissenschaftlichen Arbeiten auch direkte Zitate?

In naturwissenschaftlichen Arbeiten sind direkte Zitate eher unüblich aber natürlich genauso erlaubt. Sie können eine schöne Möglichkeit sein einer Aussage besonderes Gewicht zu verleihen oder zu betonen, dass du die Koryphäen auf deinem Gebiet gelesen hast.

Darf ich eine Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation zitieren?

Bachelor- oder Masterarbeiten sollte man wenn irgend möglich nicht zitieren. Versuche andere Quellen zu finden. Dissertationen darf man natürlich zitieren, sollte da aber an den Grundsatz der Überprüfbarkeit denken. Wenn die entsprechende Aussage der Diss auch in einem Paper gemacht wird, dann lieber das Paper zitieren, da andere vermutlich leichter an das Paper als an die Diss kommen.

In diesem Sinne, viel Spaß beim Zitieren!

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