Ich, Akademikerin: Frau-Sein in der Wissenschaft

Ein Gastbeitrag von Christine Stedtnitz (University of Essex, Colchester)

Marie Curie – unter Männern

Dieses Genderthema finde ich ziemlich nervig.

Wenn Politiker von „Bürgerinnen und Bürgern“ sprechen, halte ich das für Wort- und Zeitverschwendung. Wenn Bürgerinnen und Bürger ihre Sätze mit „ich als Mann“ oder mit „ich als Frau“ anfangen habe ich selten Lust, den Rest des Satzes anzuhören. Bei „Du als Frau“ oder „Du als Mann“ werde ich passiv aggressiv. Wenn der Satz mit „müsstest“ weitergeht, kündige ich die Freundschaft auf.

All das änderte sich schlagartig, als ich, anno 2015, begann zu promovieren. Plötzlich redete alles über gender. Ständig. Und das obwohl zumindest mein Promotionsjahrgang vollkommen gender-ausgeglichen war. Schon in meinem ersten Promotionssemester wurde mir zugeteilt, dass es Mentoringprogramme gäbe, nur für Frauen, ganz toll, und, noch toller, eine Konferenz in den USA, wo ich nur Frauen meine Forschung vorstellen könnte. Als pflichtbewusste Preußin habe ich auch sofort eine halbherzige Bewerbung mit einem mittelmäßigen Abstract eingereicht. (Wundersamerweise bekam ich eine Absage.)

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