Neujahrsvorsätze mit Level 10 und neue Abenteuer im neuen Jahr!

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Es ist Anfang Januar und jeder scheint von Aufbruchsstimmung, Optimismus und Motivation erfasst worden zu sein: das Fitnessstudio ist rappelvoll, landauf landab werden Keller aufgeräumt und Kleiderschränke ausgemistet. Nach den Weihnachtstagen, die sich häufig nach zu viel Essen, Konsumparty und Faulenzen anfühlen, ist es kein Wunder, dass sich viele im Januar nach Ordnung, Mäßigung und Klarheit sehnen.

“Im nächsten Jahr wird alles besser!” Man nimmt sich vor, früher aufzustehen, mehr Sport zu treiben, mehr Aufsätze zu lesen, weniger Zeit zu vertrödeln, mehr zu schreiben (zum Beispiel auf diesem Blog? Siehe unten!)

Gute Vorsätze sind eine gute Idee, sich gedanklich auf das nächste Jahr einzustimmen und den Schwung und Optimismus des Jahreswechsels für sich nutzen zu können. Angesichts des gesellschaftlichen Zwangs zur Selbstoptimierung sehe ich gute Vorsätze jedoch auch ein wenig kritisch.

Gute Vorsätze oder Selbstoptimierung?

Manche Listen von guten Vorsätzen lesen sich, als wolle man seine komplette Persönlichkeit umkrempeln und nicht selten sind die Ziele so groß, dass sie von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Man denke an Vorsatzlisten wie „kein Zucker mehr, Rauchen aufhören, täglich joggen, die Hälfte des Gehalts sparen, jeden Monat ein Kapitel schreiben“ – bei aller Selbstdisziplin finde ich es doch utopisch, sein Leben von heute auf morgen komplett umzukrempeln.

Die Diss ist für viele eine Phase, in der sie das Gefühl haben, immer mehr leisten zu müssen und nie gut genug zu sein. Jede Minute, die man nicht an der Doktorarbeit sitzt, kann das schlechte Gewissen befeuern. Nicht wenige Promovenden spüren ständigen Druck und können schlecht entspannen. Da können vollkommen unrealistische Neujahrsvorsätze noch mehr Öl ins Feuer gießen. Stellt man dann nach einigen Wochen fest, dass man die selbstgesetzten Ziele nicht erfüllen kann, führt das im schlimmsten Fall zu Frust und noch mehr Druck.

Der Zauber des neuen Jahres

Trotzdem will ich gute Neujahrsvorsätze nicht per se verteufeln. Wenn man mit bestimmten Angewohnheiten, die sich eingeschlichen haben, unzufrieden ist, kann der Jahreswechsel den nötigen Schubs geben, um das Thema wirklich anzugehen. Das neue Jahr liegt wie ein unbeschriebenes Blatt Papier, wie eine perfekte weiße Schneedecke vor dir und verheißt, dass man noch einmal von vorn beginnen kann. Auch wenn das natürlich ausgemachter Quatsch ist – schließlich kann man im Prinzip jeden Tag sein Leben verändern – scheint der Jahreswechsel wie gemacht zu sein, um Bilanz zu ziehen und die Weichen für Veränderungen im neuen Jahr zu stellen.

Man muss also unterscheiden, ob man sich mit der Liste an Vorsätzen selbst den Kampf ansagt und unnötig unter Druck setzt, oder sich weiterentwickeln und Routinen etablieren möchte, mit denen man langfristig zufriedener ist.

Gute Vorsätze mit Level 10

Seit Bullet Journals in den sozialen Netzwerken in den letzten Jahren zum Trend geworden sind, habe ich vor ein paar Jahren ein Tool entdeckt, dass perfekt zu meiner ambivalenten Haltung zu guten Vorsätzen passt: Level 10.

Laut Internet hat dieses Instrument wohl seinen Ursprung in spirituellen Vorstellungen des Lebensrads. Man teilt das Leben in verschiedene Bereiche und stellt sich vor, in jedem Bereich gäbe es eine Skala von 1 bis 10. Demnach führt diejenige ein vollkommen erfülltes Leben, die in allen Lebensbereichen eine 10 erreicht.

Ausgehend von dieser Grundidee ist Level 10 ein Instrument um festzustellen, wo man steht, wo man hinwill und welche Schritte ganz konkret in diese Richtung führen können. Dazu nimmt man sich ein Blatt Papier, malt die verschiedenen Lebensbereiche auf und überlegt, auf welchem Level man sich aktuell in diesem Bereich befindet (klassische Bereiche sind Gesundheit, Job, Familie, Freunde, Finanzen…). Nachdem der Status quo festgestellt ist, kann man festlegen, auf welches Level man im nächsten Jahr gern in den einzelnen Bereichen kommen möchte und dann pro Bereich 2 oder 3 konkrete Schritte festlegen, um sich diesem Ziel anzunähern.

Blick zurück und Blick nach vorn

Was ich an der Methode Level 10 besonders mag: auch wenn es natürlich im weitesten Sinne auch ein Tool zur Selbstoptimierung ist, erlaubt es eben auch, eine Bestandsaufnahme zu machen. Eventuell erkennt man dabei, dass man in einigen Bereichen eigentlich ganz gut dasteht und sich gar nicht unbedingt verbessern muss. Außerdem beinhaltet das Tool die konkreten Schritte, die man umsetzen möchte, um seinem Ziel näher zu kommen. Für mich persönlich ist es sehr hilfreich, messbare konkrete Schritte zu notieren, die mich meinem Ziel näherbringen. Es ist vielleicht einfach, das finale Ziel „Traumjob bekommen“ aufzuschreiben – aber wie komme ich da hin? Level 10 zwingt mich, die konkrete Zwischenschritte zu formulieren – vielleicht ein Bewerbungstraining machen, Mentoring-Programm raussuchen, regelmäßig Stellenausschreibungen lesen und mir wiederkehrende Anforderungen (z.B. einen Kurs zu einem Computerprogramm belegen, welches man beherrschen muss).

Ein Level 10 für die Doktorarbeit

Während die Bereiche des Level 10 eigentlich klassischerweise das ganze Leben abdecken soll, kann man natürlich auch nur ein Level 10 für die Promotion anfertigen. Dazu habe ich willkürlich 8 Bereiche der Diss ausgesucht und den „Spread“ wie man im Fachsprech sagt aufgezeichnet (im Internet findet ihr auch deutlich hübschere Versionen, leider bin ich nicht sonderlich begabt in solchen Dingen).

Das Tolle am Level 10 ist aber die Flexibilität: wenn ihr das Tool auch ausprobieren möchtet, könnt ihr natürlich die Bereiche auswählen, die für eure Diss aktuell relevant sind (und gegebenenfalls ergänzen oder weglassen).

Produktivität und Zeitmanagement

  • Geregelte Arbeitszeiten (idealerweise so gelegt, dass man zu seiner persönlichen Hochphase an der Diss arbeiten kann)
  • Soweit möglich: bei der Arbeit das Handy in den Flugmodus stellen und das Mailprogramm schließen
  • Ein Arbeitsplan für das kommende Jahr/die kommenden Monate machen

Vernetzung und Sichtbarkeit

  • Zum Doktorandenstammtisch/Kolloquium gehen
  • Relevante Newsletter abonnieren
  • Auf einen CfP antworten und sich für eine Konferenz/Publikation bewerben

Fitness und Gesundheit

  • Aktiver Arbeitsweg/Mittagspause (zu Fuß/mit dem Fahrrad kommen, eine Station früher aus der Bahn steigen, Aufzug vermeiden, Spaziergang/Yoga in der Mittagspause)
  • Gesunde Snackschublade anlegen oder häufiger gesundes Meal Prep statt Imbissbude
  • Vormittags und nachmittags je 1 Std. stehend arbeiten (je nach Körpergröße und Büro geht das zum Beispiel gut, wenn man den Laptop ins Regal stellt)

Ordnung und Struktur

  • Sinnvolle Ordnerstruktur überlegen und Dokumente, Aufsätze u.ä. tatsächlich entsprechend ablegen und Dokumente sinnvoll benennen (und falls noch nicht geschehen: sich ein System zur Literaturverwaltung zulegen/tatsächlich nutzen)
  • Ein System anlegen, um Feedback, eigene Ideen zur Diss festzuhalten
  • Die eigene Promotionsordnung lesen

Methoden und Soft-Skills

  • Relevante Soft-Skill Angebote der Uni besuchen, die für die Diss wichtig sind (z.B. Academic Writing in English, Drittmittel einwerben, Forschungsdatenmanagement)
  • Eine relevante Methoden-Summer-School besuchen
  • Relevante Soft-Skill Angebote (z.B. der Uni) besuchen die NICHT NUR für die Diss wichtig sind (z.B. Netzwerken, Atmung und Stimme, Zeitmanagement)

Entspannung und seelische Gesundheit

  • Die Mittagspause nicht vor dem Laptop verbringen
  • Ein Non-Page-Victories Liste führen und Erfolge feiern
  • Ein Hobby pflegen und/oder Diss-freie Abende/Tage/Wochenenden reservieren und dann guten Gewissens etwas Schönes machen oder faulenzen

Betreuung

  • Betreuerin (ggf. Zweit- und Drittbetreuerin) auswählen
  • Regelmäßige Gespräche einfordern und wahrnehmen
  • Betreuungsgespräche vor- und nachbereiten

Fertig wertig

  • Weniger perfektionistisch sein
  • Hinweise auf mögliche Reihen/Verläge sammeln, in denen man die Diss veröffentlichen könnte
  • Beschließen, dass „gut genug“ oft gut genug ist

Ein neues Abenteuer in 2020?

Im Sommer 2019 hatten Franziska A. und Ulrike schon anklingen lassen, den Blog in die Hände einer neuen Generation von Promovierenden abzugeben. Seitdem unterstütze ich das Team – und ich würde mich im neuen Jahr über weitere Kolleginnen oder Kollegen freuen!

Seit einigen Monaten steigen die Leserinnenzahlen des Blogs konstant an und wir möchten diesen Trend gerne fortsetzen, indem wir weiter alle 2 Wochen spannende, vielseitige aber auch unkonventionelle Erfahrungen, Perspektiven und Tipps rund ums das Promovieren teilen. Wir würden uns sehr freuen, in Zukunft mehr Beiträge von Menschen aus verschiedenen Disziplinen, mit verschiedenen Hintergründen und mit verschiedenen Erfahrungen beim Promovieren veröffentlichen zu können.

Vielleicht hast du ja schon länger überlegt, deine Erfahrungen und Gedanken zur Doktorarbeit auf einem Blog zu teilen? Gibt es ein Thema, das dir schon länger unter den Nägeln brennt? Möchtest du einen Aspekt, über den wir schon geschrieben haben, aus einer anderen Perspektive beleuchten?

Der Jahreswechsel ist doch der ideale Zeitpunkt, um sich auf ein solches Abenteuer einzulassen! Wir freuen uns über alle, die Lust haben, sich mit einem Gastbeitrag oder durch regelmäßige Artikel zu beteiligen! Schreib uns, wer du bist, worüber du einen Gastbeitrag schreiben möchtest oder warum du gern bei uns mit-bloggen möchtest an cafecumlaudeblog[at]gmail.com.

Wir freuen uns, von dir zu hören!

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